
Den Terrier mögen wir temperamentvoll und impulsiv, sonst wäre er ja kein Terrier. Aber bei der Pflege hätten wir ihn gern lieb, brav und geduldig. Leider werden Terrier nicht einfach so nebenher brav und gut erzogen, da braucht es schon viel Übung, Geduld und natürlich auch Zeit, bis ein solcher Schatz auf dem Trimmtisch steht.
Es gibt – für Trimmer und Hund – nicht Mühsameres und Frustrierenderes als einen Hund am Tisch, der sich ständig wehrt, wegdreht, windet, knurrt oder sogar schnappt und beißt. Statt zügig zu arbeiten, geht da die meiste Zeit auf den Ringkampf drauf. Zum Schluss sind beide erschöpft und frustriert, und das Ergebnis wird entsprechend schlecht sein.
Aber gleich vorweg: es gibt sie, die lieben, braven und geduldigen Terrier auf dem Trimmtisch, und manche von ihnen einfach aus Veranlagung, ohne große Erziehung. Wenn Sie ein solches Exemplar zuhause haben: schätzen Sie sich glücklich, es ist eine Rarität! Beim Trimmen sind sie eine wahre Wohltat. Der Normalfall sind sie freilich nicht ...
Musts und No-Gos
Was muss nun ein "normaler" Hund können? Dumme Frage? Nein, gar nicht dumm, denn zu viele Welpenbesitzer wissen nicht, woran sie ihre Erfolge messen müssen, was sie tolerieren dürfen und was einfach nicht drin ist.
Hier geht es nicht um "Sitz", "Platz" oder "Hier", sondern um die täglichen oder auch Notfall-Pflegemaßnahmen. Was schon im Alltag Probleme macht, wird im Notfall, etwa bei Verletzungen und Schmerzen, zur Katastrophe.
Im Alltag muss der Hund sich jederzeit überall anfassen und hochheben lassen. Man muss ihm in aller Ruhe Spielzeug oder "Diebesgut" abnehmen können. Er muss ohne großen Widerstand alle Pfoten anheben und betasten lassen. Man muss ihn überall bürsten, Ohren, Augen, Fang, Zehenzwischenräume, Popo usw. reinigen, die Krallen schneiden oder schleifen können oder natürlich Zecken entfernen, an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Hunde mögen es generell nicht gern, wenn man an Popo und Hinterläufen arbeitet, aber auch das muss er ohne großen Widerstand dulden. Wenn all das gewohnte Übung ist, dann gelingt es auch unter Stress.
Im Notfall – bei Krankheit oder Verletzung – muss man dem Hund Fremdkörper entfernen, Wunden versorgen, Verbände anlegen, Medikamente eingeben und auch Injektionen setzen können.
Ein gut sozialisierter Hund wird, was er nicht mag, mit Beschwichtigungssignalen aller Stufen beantworten: vom Wegschauen über das Ausweichen, vielleicht Winseln oder Brummen bis zum Einsatz seiner "Hände", nämlich der Zähne – manche nehmen meine Hand einfach vorsichtig in den Fang, aber manche schnappen her bzw. mich weg. Schmerzhafte Erfahrungen haben meine Unterarme auch mit den Krallen der lieben Kleinen gemacht, wenn sie versuchen, mich abzuschütteln.
Wären wir jetzt auch gut sozialisierte Hunde, dann würden wir natürlich angesichts dieser Eskalation von Beschwichtigung ablassen. Aber das können wir nicht, Pflege muss eben sein. Wenn ich dann in aller Ruhe weitermache und ein kooperatives Verhalten ausgiebig lobe, geben die "normalen" Hunde ihren Widerstand meistens auf. Manche sind hartnäckig und versuchen es bis zum Schluss, mich loszuwerden. Solchen Widerstand muss ich mit einem klaren "Nein" unterbrechen, sonst werden wir nie fertig. Bei besonderen Streithanseln braucht es auch ein verbales Donnerwetter, dann geht auf einmal alles.
Bei manchen Hunden hilft es, wenn Herrli oder Frauli inzwischen ins Café gegenüber gehen, in ihrer Gegenwart führen sie sich sonst auf wie kleine Monsterln. Ganz wenige sind dann so verunsichert, dass gar nichts mehr geht, da muss der Besitzer dabei bleiben, aber wenn das so ist, dann ist schon was schiefgegangen beim Lernen.
Ich habe keine unterschiedlichen Preise für brave und schlimme Hundekinder. Der Lohn der Bravheit ist für Hund und Besitzer, dass der Hund vom Trimmen pünktlich und fröhlich weggeht. Der Mehrpreis für die nicht so Braven ist, dass wir uns häufig frustriert und erschöpft trennen, wahrscheinlich auch noch länger gebraucht haben als geplant.
Wege zum Ziel
Beginnen wir ganz von vorn: der Welpe kommt in einem Alter in seine neue Familie, in dem er eine einzige Aufgabe hat: alles zu erkunden und seine Grenzen auszuloten. Um die Umwelt kennenzulernen, gibt es kein besseres Werkzeug als das Welpengoscherl, mit den berühmten nadelscharfen Welpenzähnchen drin. Man nimmt also alles ins Mäulchen, was einen so umgibt, und man testet, was passiert, wenn man reinzwickt. Die Geschwister und die Mutter haben das gleich klargestellt: Zwicken tut man nicht. Aber jetzt hat man es mit Sesselbeinen, Hundebetten, Plüschspielzeug zu tun, und natürlich mit Fraulis und Herrlis Händen, Ohren und Zehen.
Zwischen Zwicken und Zwicken gibt es aber einen Unterschied: einmal probieren geht durch, aber richtig hinzwacken, nein, das ist verboten. Und zwar von Anfang an. Nicht lachen, weil es doch so süß ist, wenn der Kleine seine Zähnchen testet – worüber man lacht, das machen sie wieder, scheint ja zu gefallen.
Wenn die Welpeneltern in den ersten Wochen und Monaten nicht zielbewusst klarstellen, was geht und was nicht, wird es dann im täglichen Leben schwierig.
"Trimmkurs" für Welpen
Einen Teil dieser Übung übernehme ich als Trimmerin, indem ich dem Welpen von den ersten Zupf-Terminen an schrittweise zeige, was hier gemacht wird, warum es nicht schlimm ist und wofür er gelobt oder auch getadelt wird.
Das Baby-Zupfen erfolgt nur mit den Fingern, Werkzeug setze ich erst viel später ein, wenn der Hund dieses Gefühl schon kennt und das Haar langsam erwachsen wird. Nicht wenige von den "Schlimmen" sind bei mir sehr brav und toben sich nur bei Herrli und Frauli aus.
Neuer Trend: Medical Training
"Medical Training" wird jetzt verbreitet angeboten, um gutes Geld, ist aber nichts anderes als das Üben der obengenannten Musts und No-Gos. Man kann das allein machen oder sich helfen lassen, am Üben geht kein Weg vorbei. Der Hund muss eben lernen, sich bestimmte Dinge gefallen zu lassen, sonst verzweifeln nicht nur Trimmer und Tierarzt, sondern letztlich die Besitzer selbst.